Wild Rose
American-Mustang-Stute, *2012
Du bist ewig für das verantwortlich, was du dir vertraut gemacht hast. Du bist für deine Rose verantwortlich.
„Der kleine Prinz“ von Antoine de Saint-Exupéry
Wild Rose, auch Rosi oder Röschen genannt, lernte ich beim ersten Mustang Makeover im Jahr 2017 kennen, bei dem ich als Trainerin mitgemacht hatte.
Vor Ankunft der Mustangs in Deutschland hatte ich mir bewusst keine Videos und Bilder der Pferde angeschaut, damit ich mich nicht in eines der Pferde schon vor der Auslosung vergucke. Ich wollte offen für jedes Pferd sein.
Bis drei Tage vor der Ankunft der Mustangs in Deutschland habe ich mich daran gehalten. Dann aber habe ich das Video über die letzten Vorbereitungen in den USA angeklickt. Ich wollte wissen, wie die Trainerin die Pferde auf den Flug vorbereitet. Ich schaute mir das Video an…und da war sie, die kleine graue Stute. Was für ein wunderschönes Pferd!
Als ich am Frankfurter Flughafen bei der Auslosung war, wurde ich gefragt, ob ich einen Mustang favorisiere. Ich erzählte von der kleinen grauen Stute. Silke Strussione vom Mustang Makeover-Team sagte, dass es sich bei dem Pferd um eine Stute namens Wild Rose handelt. Ich dachte nur: „Oh nein, jetzt hat die kleine graue Stute auch noch so einen schönen Namen!“
Dann startete die Auslosung. Jeder Trainer musste ein Schleichpferd aus einer Kiste ziehen. Was ich vorher nie zu hoffen gewagt hatte, wurde wahr: Ich hatte Wild Rose gezogen!!! Ich kann mit Worten nicht beschreiben, was in mir vorging. Ich konnte es nicht glauben, dass ich Röschen zu mir auf die Ranch nehmen durfte…
Es folgen 90 wundervolle Tage mit Rosi. Ich habe so viele tolle Erinnerungen an diese Zeit: Die Auslosung am Frankfurter Flughafen, das erste Kennenlernen zu Hause, das Gelassenheitstraining, der erste Besuch beim Hufschmied, der erste Ritt, der erste Ausritt, unsere Ausflüge nach Mainz und Lauffen am Neckar…es gab so viele schöne Momente, für die ich sehr sehr dankbar bin. Röschen hat mich jeden Tag aufs Neue fasziniert und es hat mir sehr viel Spaß gemacht, diesem Mustangmädchen die Welt zu zeigen. Darüber hinaus wurde Röschen auch ein Teil meiner Familie. Der Gedanke schmerzte, sie nach der Auktion vom Mustang Makeover vielleicht abgeben zu müssen.
Ich wollte Röschen auf jeden Fall behalten und hatte mir vor der Auktion beim Finale vom Mustang Makeover in Aachen eine Bieterkarte geholt. Nervlich war ich total fertig, als ich in der Auktion mit Röschen ins Stadion gelaufen bin. Deswegen habe ich meine damalige Co-Trainerin mitgenommen. Dann eröffnete Volker Raulff die Auktion. Ich hob sofort beim Startgebot von 5.500 Euro den Arm. Eine weitere Person aus dem Publikum war an Röschen ebenfalls interessiert. Wir wechselten uns mit Geboten ab…bis der Zuschlag an mich ging. Diese wenigen Minuten kamen mir unendlich lang vor. Ich weiß gar nicht, wie ich beschreiben soll, wie es mir dabei ging. Es war eine furchtbare Zitterpartie. Nachdem der Hammer fiel bin ich fast zusammengebrochen. Ich konnte einfach nicht mehr. Einerseits war ich überglücklich und erleichtert, andererseits total erschöpft.
Was dann passierte war einfach unglaublich: So viele Leute haben mir gratuliert und Freudentränen vergossen. Ich bin immer noch total gerührt, wenn ich daran zurückdenke.
Die ersten Monate danach waren mega schön, Röschen entwickelte sich super und ich träumte davon, dass sie irgendwann mal gemeinsam mit Bailey und mir zu Veranstaltungen fährt.
Noch wichtiger war mir aber, dass meine Nichte und mein Neffe gut mit ihr klarkamen, weil sie Röschen liebten und sich mega lieb um sie kümmerten.
Und was soll ich sagen: Rosi und die Kids wuchsen zu einem richtigen Dreamteam zusammen. Das war einfach nur richtig schön zu beobachten und ich war so stolz auf die Kids und auf unser Röschen.
Leider war es wie ein Traum: es war zu schön, um wahr zu sein. Röschen fing an, sich heftig Mähne und Schweif abzuschubbeln und sich am ganzen Körper zu kratzen. Sie entwickelte ein sehr starkes und schlimmes Sommerexzem. Zusammen mit vielen Fachtierärzten versuchten wir es in den Griff zu bekommen und den Juckreiz zu lindern. Aber egal was wir versuchten, welche Therapie wir auch machten, nichts half.
Zeitweise war Röschen am ganzen Körper blutig, hatte offene Wunden und Schmerzen. Ich kenne Sommerexzem, aber so schlimm hatte ich es noch nie gesehen. Sie tat uns allen so unglaublich leid. Wir versuchten wirklich alles, was man an Behandlungen, Futterumstellung und Management, sei es Schulmedizinisch oder homöopathisch, nur machen kann. Leider schlug keine Therapie an.
Wir waren ganz schön verzweifelt. Der Gesundheitszustand von Röschen wurde immer schlimmer und beschäftigte die ganze Familie. Wir machten uns schreckliche Sorgen um die Maus. Man steht bei so etwas so hilflos und machtlos daneben, kann nichts tun und das ist einfach nur furchtbar.
Ich habe mir immer geschworen, egal wie hart oder schlimm, dass ich immer pro Pferd entscheiden werde und so habe ich schweren Herzens im Frühjahr 2020 eine sehr wichtige Entscheidung getroffen: Wir haben Röschen eingepackt und nach Norddeutschland zu Freunden gefahren. Wir hoffen, dass der Wind und das dortige Klima ihr helfen und das Ekzem lindern, so dass sie ein schönes Leben führen kann.
Röschen fehlt uns sehr. Aber wir werden sie oft besuchen und es gibt nichts schlimmeres, als wenn der Kopf dermaßen über das Herz entscheiden muss, aber egal wie hart es ist, für uns ist es am allerwichtigsten, dass es Röschen wieder besser geht.
Wir lieben Röschen und sie wird immer ein Teil unserer Familie bleiben, auch wenn sie nicht bei uns sein kann.